Talentegrate: Praktika bei Konzernen für geflüchtete Akademiker

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Beim Projekt „Talentegrate“ erhalten geflüchtete Akademikerinnen und Akademiker die Chance, bei Siemens, Adidas und Schaeffler ein Praktikum zu machen. Dabei folgen sie dem Ziel, dort später arbeiten zu können.

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„Talentegrate“ ist eine deutschlandweit einzigartige Initiative. Sie wird von der Universität Erlangen-Nürnberg wissenschaftlich begleitet. Am Freitag starteten die rund 15 Geflüchteten mit Uniabschluss mit ihrem Praktikum bei den drei Global Playern. Insgesamt 18 Monate soll das bezahlte Praktikum dauern, dabei wird alle sechs Monate gewechselt. Heißt: Die Akademikerinnen und Akademiker werden in drei Gruppen aufgeteilt und erhalten dann die Chance, bei den drei fränkischen Unternehmen den Arbeitsalltag jeweils ein halbes Jahr lang kennenzulernen.

Teilnehmer aus Syrien, Jemen und Äthiopien

Die 15 Teilnehmenden kommen unter anderem aus Syrien, dem Jemen und Äthiopien. Bei der Auftaktveranstaltung, die am vergangenen Freitag stattgefunden hatte, war die Freude bei allen Beteiligten zu sehen, so auch bei Safe Jalbout aus Syrien. Die junge Mutter lebt schon seit 2016 in Franken und hat ihren Bachelor in Englischer Literatur in Syrien gemacht und anschließend eine Weiterbildung im Bereich Personalwesen.

Sie sei sehr glücklich, nun bei den drei Firmen ein Praktikum machen zu dürfen und ihr Können dort einzubringen. Auch Abi Obssa Kanta aus Äthiopien freut sich, bei „Talentegrate“ dabei zu sein. In seiner Heimat hat er Psychologie studiert und anschließend an der Universität in Erlangen-Nürnberg seinen Master im Bereich Menschenrechte angeschlossen. Dieses Jahr will er damit fertig sein. Es sei eine große Herausforderung, hier in Deutschland arbeiten zu dürfen. „Talentegrate“ biete ihm nun eine Chance, die drei Unternehmen kennenzulernen. Er sei sehr froh, aber auch sehr aufgeregt, so Abi Obssa Kanta.

Bewerbungsprozess und Win-win-Situation

Die 15 Teilnehmenden mussten an einem mehrstufigen Bewerbungsprozess teilnehmen, der zu Beginn des Jahres gestartet war. Rund 200 Bewerberinnen und Bewerber hatten sich für das besondere Projekt beworben.

Adidas, Schaeffler und Siemens sehen in „Talentegrate“ ebenfalls große Chancen. Kathy von Kollrepp-Knott, Personalleiterin bei Siemens, ist von der Idee des Projekts begeistert. Sie sei von Anfang dabei gewesen, inzwischen auch „emotional involviert“ und sehr froh, dass das Ganze geklappt habe. Während der Pandemie wäre das keine Selbstverständlichkeit gewesen. Für Siemens sei es eine Win-win-Situation. Man habe schon in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit Integrationspraktika gemacht. Es ginge für die drei Unternehmen außerdem darum, die Diversität zu fördern, so die Personalleiterin von Siemens. Man stünde während der gesamten 18 Monate des Projekts im engen Austausch mit Adidas und Schaeffler, um auch voneinander zu lernen.

Universität Erlangen-Nürnberg begleitet Projekt

Das Projekt wird von der Universität Erlangen-Nürnberg wissenschaftlich begleitet, sagt Elzbieta Kocur, die das Projekt maßgeblich mit initiiert hat. Ziel sei es, einen Leitfaden zu entwickeln, der dann später zum Beispiel von Kommunen oder anderen Unternehmen genutzt werden kann, wenn es um die Integration von ausländischen Fachkräften geht, so Kocur.

Die Universität Erlangen-Nürnberg bietet den 15 Talenten während ihres Praktikums außerdem Sprachkurse und ein interkulturelles Training an, bei dem sie zum Beispiel lernen, wie eine geschäftliche E-Mail auf Deutsch verfasst wird oder wie juristische Texte zu lesen sind, sagt die Leiterin für Projekte für Geflüchtete der Uni Erlangen (FAU Integra), Elzbieta Kocur.

Sie freue sich sehr, das „Talentegrate“ nun starten könne. Man habe ihn Deutschland so viele gut gebildete Menschen, die aber trotzdem keinen Job bekommen würden. Deshalb versuche man mit dem Projekt eine Brücke zu bauen: zwischen Firmen und Geflüchteten mit Uniabschluss. Die Hoffnung von Kocur ist, dass sich weitere Firmen in der Region aber auch in Deutschland von der Initiative überzeugen lassen.